Bad Leonfelden (OTS) – „Obwohl die Aufregung Ende letzten Jahres groß war, haben die Gremien der Ennstal Milch erneut eine diskriminierende Richtlinie für Direktvermarkter beschlossen. Der Entwurf vom Herbst 2019 wurde nach sehr kritischen Medienberichten nur abgeschwächt, aber in der Substanz ähnlich, erneut beschlossen und soll mit 1. März 2020 in Kraft treten“ empört sich Ewald Grünzweil, Obmann der IG-Milch.
Im ersten Punkt wird eine regelmäßige Anlieferung gefordert. Sollte eine Absaugung unter 30 % (vorher 50 %) der höchsten Absaugung des Monats erfolgen, muss für die Monatsmilchmenge, die an die Molkerei geliefert wird, ein Strafbetrag von fünf Cent je Liter entrichtet werden.
Im zweiten Punkt ist die Höchstmenge, die ein Betrieb pro Jahr vermarkten darf, mit 80.000 kg (vorher 60.000) Milch festgelegt. Sollte er diese Grenze überschreiten ist für die gesamte Jahresmilchmenge, die an die Molkerei geliefert wird, ein Strafbetrag von fünf Cent je Liter (vorher zehn) zu entrichten.
Damit ist eine zukunftsfähige und arbeitswirtschaftlich vernünftige Direktvermarktung praktisch nicht möglich. Ebenso sind hier große Betriebe deutlich bessergestellt als kleine Betriebe, für die eine Direktvermarktung oft die einzige Möglichkeit ist, den Betrieb weiterzuführen. In jedem Fall ist es ein katastrophales Zeichen der marktbeherrschenden Molkerei, dass sie den Milchviehbetrieben in der Region jede Form von Selbstinitiative und Innovation erschweren. Gleichzeitig wird ein Grundrecht jedes Erzeugers, selber über seine erzeugten Produkte bestimmen zu können, außer Kraft gesetzt.
Wie so oft ist aus einer bäuerlichen Genossenschaft, die als Selbsthilfeorganisation gegründet wurde, nun Selbstzweck geworden. Und dieser Selbstzweck knebelt die eigenen Mitglieder und führt zu sklavenähnlichen Abhängigkeiten. Eine marktbeherrschende Stellung, wie sie die Ennstal Milch in ihrer Region hat, darf nicht zu Auswüchsen führen, sondern sollte zu einem besonders vorsichtigen Umgang mit den Marktteilnehmern und mit den eigentlichen Eigentümern führen. Dies erfordert jedoch moralisch gefestigte und verantwortungsvolle Funktionäre, die die Zeichen der Zeit verstehen und Argumenten zugänglich sind.
Georg Berger, Bauer vom Frienerhof in der Ramsau, ist auch betroffen von der neuen Direktvermarkter-Regelung: „Auch ein Brief der Tourismusverantwortlichen der Region Schladming -Ramsau konnte die verantwortlichen Funktionäre nicht zur Vernunft bringen. Besonders bedenklich ist, dass mit der Veröffentlichung der neuen Direktvermarkter-Regelung auch eine Drohung mit formuliert wurde. So heißt es in dem Rundbrief, dass bei drohendem Imageverlust durch einen Lieferanten für die Ennstal Milch in Absprache mit dem Obmann die Kritiker mit einer Liefersperre belegt werden, was die Existenzvernichtung des Betriebes bedeutet.“
Ernst Halbmayr, verantwortlich für „ A faire Milch“, sieht gravierende Einschränkungen: „Dies zeigt in erschütternder Weise, dass weder demokratische Grundprinzipien noch Hausverstand oder Anstand für die Verantwortlichen in der Molkerei gelten. Aber es sind auch die logischen Auswüchse, wenn die regionale Genossenschaft zu einer marktbeherrschenden Stellung kommt und die gesetzliche Interessensvertretung der Bauern – die Landwirtschaftskammer – durch den entstehenden Interessenskonflikt nicht tätig wird. Wir werden in jedem Fall eine Sachverhaltsdarstellung an die Bundeswettbewerbsbehörde übermitteln. Diese Vorgehensweise der Ennstal Milch bedarf einer grundsätzlichen juristischen Klärung.“
„Wir fordern daher die Verantwortlichen der Ennstal Milch auf, die neue Zusatzvereinbarung für Direktvermarkter ersatzlos zu streichen um weiteren Imageschaden von der Molkerei abzuwenden. Gleichzeitig ist die Drohung, kritische Äußerungen mit Existenzvernichtung zu bestrafen, sofort zurückzunehmen und die Statuten (§6 1.c) entsprechend zu ändern. Ansonsten müsste über den Obmann die Liefersperre ausgesprochen werden, da die Vorgehensweise der letzten Monate in jedem Fall dem Ansehen der Molkerei unnötig geschadet hat. Ebenso ist es notwendig, das Grundrecht der bäuerlichen Betriebe anzuerkennen, dass sie ihre selbsterzeugte Milch auch am Hof verarbeiten und vermarkten können. In jedem Fall sehen wir uns veranlasst, die diskriminierenden Regelungen und undemokratischen Vorgänge und massiven Drohungen bei den zuständigen Ämtern und Behörden, aber auch den Marktpartnern zu melden“, so Ewald Grünzweil, Obmann der IG-Milch.
Ewald Grünzweil, Obmann IG-Milch: 0664 2023869
Ernst Halbmayr, Projektleiter A faire Milch: 0664 9249635
Georg Berger, Frienerhof: 0660 6008802
OTS-Presseaussendung: Ennstal-milch-droht-kritischen-mitgliedern-mit-existenzvernichtung